Immer wieder hört und liest man Geschichten über ehemalige Heimkinder (zwischen den 50er und 70er Jahren), das sie damals in den Heimen ausgeliefert, gedemütigt, sexuell missbraucht, seelischen Qualen ausgesetzt waren. Viele kämpfen heute noch mit den Folgen. Auch heute leben noch 100.000 Kinder in Heimen und Jugendwohneinrichtungen. Viele trauen sich nicht darüber zu reden, weil sie immer noch noch mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Dieses Forum möchte dabei helfen, Vorurteile abzubauen und Erlebtes ein wenig zu verarbeiten. Jeder ist dazu herzlich eingeladen.
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Wie sah ich mich damals als Kind, wie sehe ich mich heute
#1
Wie ich mich damals als Kind aus heutiger Sicht sehe?
Wie ein Stück Fleisch auf zwei Beinen.

Wir hatten nicht zu denken.
Wir hatten nichts zu fühlen,
Wir hatten keine Bedürfnisse zu haben.
Wir hatten keine Entscheidungen zu treffen.
Wir hatten nicht das Recht zu reden, uns mit zu teilen.
Wir hatten nicht das recht, Zuneiungen und Freundschaften zu empfinden.

Wir hatten überhaupt keine Rechte. Wir hatten nur zu gehorchen und zu funktionieren. Und wenn Gehorsam und Funktion mal aus fielen, wurde das auf härteste bestraft.

Wie sehe ich mich heute?

Das ist schwer zu beschreiben. Unsicher, immer noch irgendwo verängstigt. Und immer noch glaube ich, das mir das Wort "Heimkind"   auf der Stirn geschrieben steht. Doch mittlerweile kann ich fühlen, mitfühlen, denken und mich mit teilen und nehme nicht alles so ungefragt hin. Doch ich fühle mich immer noch ungeliebt, voller Unruhe, Angst und Zweifel und das Gefühl fliehen zu müssen. Aber wo vor fliehen?

Alles was ich erlebt habe als Kind, habe ich mit mir selbst ausgemacht und immer wieder Mut zu geredet, indem ich mir selbst sagte, "du schaffst das." An den Haaren ziehend habe ich mich selbst aus den Dreck gezogen. Niemanden und niemals habe ich um Hilfe gebeten und würde es auch heute nicht tun.

So gesehen, bin ich ein Heimkind und irgendwo tief drinnen, bin ich ein Heimkind geblieben. Davon konnte ich mich bis heute nicht lösen.
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#2
Nicht zu vergessen, der Krieg war vorbei, aber alle Regeln, Erziehungsmethoden, reihten sich nahtlos an. Es gab keinen Hebel, der die Strukturen des Denkens ablegte. Wenn es keine Nonnen waren als Erzieherinnen, so waren es oft noch Nazi`s, die in ihren Berufen geblieben sind, ebenso Lehrer etc.

Es gab keinen Unterschied während der Nazizeit sowie danach, wie "erzogen" wurde.  Diese Brutalität war Alltag. Ich würde mir so sehr wünschen, dass es Erzählungen gäbe, die das Gegenteil behaupten würden, aber ich kenne keine.

Wer sich als Erzieher, wenn es denn überhaupt welche waren, dagegen stellte und Berichte über den Alltag der Heimkinder an die übergeordneten Organe schickte, wurde entfernt.

Es wurde ein Klima der Angst, der Gewalt geschaffen, um die Heimkinder gefügig zu machen.  Das funktioniert immer.

Gestapo, Stasi----die Methoden waren immer die gleichen, sie hatten nur andere Namen. Diese Systeme waren nie weg, es hörte nie auf.

Heute sehe ich mich als Normalo an, da ich mich durchs Internet besser informiert sehe und vestanden habe, das Heimkinder keine Chance hatten, dass ich  keine Schuld an dem System hatte. Das haben andere entschieden.

Ich für meinen Teil sehe, dass sich was geändert hat in der Heimerziehung. Es wäre schön, wenn sich jüngere Ex-Heimkinder oder Kinder die heute noch in Heimen leben, zu diesem Thema melden würden, um ihre Erfahrungen zu schildern.
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